Bozner Weinlese
Ein Erbhof, eine Verantwortung. Und die Freude am Vinifizieren und Fortführen des Familienbetriebs. Bozner Beispiel für Weinkultur.
Das alte Weingut Mayr-Unterganzner, mit einer der 28 Bozner Kellereien, liegt am nördlichen Ostrand des Bozner Beckens, dort wo der Eggenbach in den Fluss Eisack mündet, und es liegt auf fruchtbarem Schwemmlandboden, ein Ergebnis des Steinabtriebs aus der Eggentaler Porphyrschlucht. Auf 10 Hektar Fläche werden seine 16 Weine in kleinen Mengen hergestellt (Gesamtproduktion: 60.000-80.000 Flaschen), darunter natürlich die zwei autochthonen Rotweine aus Bozen - der Lagrein und der St. Magdalener -, aber auch Lagrein Kretzer (Roséwein), Chardonnay, Sauvignon, Kerner, Cabernet und Lamarein. Wir haben mit dem Winzer Josephus Mayr gesprochen, dem Senior-Bauer am Erbhof.
Wie verläuft die Weinlese 2022?
Wir haben Glück im Unglück. Der lange heiße und dürre Sommer war zwar eine Herausforderung für die Lagen ohne Bewässerung, aber wo bewässert wurde, hat er außergewöhnlich gesunde Trauben hervorgebracht, und wir rechnen mit einer herausragenden Weinqualität, einem edlen Jahrgang. Auch die Erträge auf den bewässerten Flächen sind gut. Die Zeit der Lese hat sich dafür um Wochen verschoben. So früh haben wir noch nie „gewimmt“, das ist absolut rekordverdächtig. Einige Bozner Bauern haben Anfang September schon damit begonnen, die Lagreintrauben zu ernten. Das ist bzw. war die späte Lese. Ein Großteil der weißen Trauben war da bereits eingekellert. Für die Apfelernte war der heiße Spätsommer weniger gut, denn die Ausfärbung hat bei diesen unglaublich warmen Nächten nicht bei allen Sorten geklappt. Dafür ist unser Olivenöl heuer gesichert. Wir erwarten einen super Ertrag. Anmerkung der Redaktion: Der Unterganzner-Betrieb ist der einzige Hof der Gegend, der vor Ort Öl presst.
Euer Markenzeichen ist der „Lamarein“. Der Name macht neugierig.
Unsere Weine zeichnen sich generell durch eine eher späte Lese aus, die jeder Flasche Charakter verleiht. Bekannt sind wir für den seltenen Lamarein, der aus ausgewählten kleinen und getrockneten Lagrein-Trauben hergestellt wird. Nach der Ernte legen wir die Trauben in kleine Kisten und lassen sie bis Weihnachten unter Dach trocknen. Dann wird erst vinifiziert. Der Wein wird vor der Abfüllung mindestens 16 Monate fassgelagert. Die dunkelviolette Farbe, das Aroma nach getrockneten Waldfrüchten und dunkler Schokolade, die mächtigen Tannine im Geschmack machen diesen Wein aus.
Welche Rolle spielt das Etikett für einen Winzer?
Es ist das Aushängeschild der eigenen Weine, muss einheitlich sein und eine gewisse Kontinuität aufweisen. Aus ökologischen Überlegungen beschränken wir uns auf eine Frontetikette. Darauf verwenden wir als Erkennungszeichen unser Familienwappen und den Hofnamen. Nur beim Lamarein machen wir eine künstlerische Ausnahme. Unsere Botschaft ist damit die Tradition, die Erfahrung, die wir von Generation zu Generation weiterreichen, die damit einhergehende Professionalität. Der Wein lässt ja wenig Spielraum für Experimente, wenn man nur einmal im Jahr erntet und vinifiziert. Wir haben allerdings 400 Jahre Erfahrung. Der Unterganzner wurde 1629 gegründet.
Die Erbhof-Tradition geht weiter?
Ich vertrete die zehnte Generation, aber die elfte Generation ist bereits am Werk. Zwei meiner Kinder sind im Familienbetrieb eingestiegen: Ein Sohn hat Önologie studiert und bereits Betriebspraktika anderswo absolviert. Mit seinen 26 Jahren hat er im Keller bereits die Regie übernommen. Und meine Tochter hat nach ihrem Gartenbau-Studium die Freude im und am Weinberg entdeckt.
www.mayr-unterganzner.it