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Einen umstrittenen Triumphbogen als Siegessymbol des Faschismus. Eine Kirche als Gemeinschaftsstärkung.

Das bekannte Denkmal mit musealem Parcours ist in seiner heutigen Wertung ein Schandfleck in der lokalen Geschichtsschreibung und gleichzeitig ein ambivalenter Bezugspunkt für einen Teil der italienischen Bevölkerung der Stadt. Entworfen vom Star-Architekten Marcello Piacentini (†1960), einem der einflussreichsten Vertreter der rationalistischen Architektur und Stadtplanung Italiens, trotzt es seit 2014 als Mahnmal der Spaltung, die es einst hervorgerufen hat. Das Siegesdenkmal befindet sich dort, wo man ab den späten 1920er Jahren das italienische Bozen errichtete, mit den Lauben der Freiheitsstraße, mit der Italienstraße, dem Gerichts- und Mazziniplatz.

Im Inneren, also im Bauch des heiß umstrittenen Symbols Bozens an der Talferbrücke, befindet sich heute eine permanente Dokumentations-Ausstellung mit dem Titel “BZ ’18-’45 ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen”. Zwei Rundgänge beleuchten einmal die Geschichte dieses Denkmals und einmal die Geschichte der Stadt verwoben mit den Geschicken des Landes Südtirol. Die Ausstellung stellt Fragen wie: Was ist Sieg? Wer sind die Besiegten? Und sie gibt zu bedenken: Wo Sieg, da auch Verlierer, wo Täter, da auch Opfer … Das Museum im Siegesdenkmal hat 2016 für seinen besonderen Blick und die multimediale Didaktik eine besondere Ehrung beim European Museum of the Year Award erhalten. Nach dem Besuch erhält der 20 Meter hohe martialische Bogen (1926-28) mit seinen Liktorenbündel-Säulen und der faschistischen Symbolik eine andere Bedeutung von Sieg. Und die verhasste Inschrift ist endgültig entmystifiziert, nach der das faschistische Italien als überlegene Macht den Bewohnern des zurückgebliebenen Randgebiets die Zivilisation hätte bringen sollen. www.siegesdenkmal.com


Aber es gibt ein weiteres weniger bekanntes Piacentini-Werk in Bozen, das wenige kennen: die Kirche zum Hl. Josef, als Pfarrkirche des Wohnviertels Bozner Boden 1955, also nach dem Krieg, von Piacentini geplant. Sie ist der Mittelpunkt einer städtischen und zugleich dörflichen Gemeinschaft geworden. Ihre Entstehungsgeschichte um Pfarrer Vittorio Franzoi ist voller Anekdoten und spiegelt das schwierige ethnische Gleichgewicht wider, das in den 1950er Jahren herrschte, weniger in der Bevölkerung als vielmehr in der Politik. Franzoi selbst beauftragte Piacentini mit dem Entwurf der Kirche. Sie sollte einer zusammengewürfelten Arbeitergemeinschaft Identität und Zusammenhalt geben, und das tat sie. Das Wohnviertel im Überschwemmungsgebiet des Flusses Eisack nördlich des Bozner Bahnhofs wurde in der Folge Schauplatz eines politischen Streits zwischen Franzoi und den Landes- und Gemeindebehörden. Franzoi setzte sich durch, die Kirche wurde 1959 mit Spenden von Freunden und Wohltätern fertiggestellt und 1966 eingeweiht. Wir besuchten sie mit Giovanni Novello aus Bozen, Kurator und Experte für sakrale Kunst: "Der Motor für ihre Entstehung war das Streben nach einem besseren Leben, ein Befreiungsschlag für das damals verwahrloste Viertel“, gänzlich ohne Infrastruktur zwischen den Hügeln von St. Magdalena und dem Bahnhof eingekeilt. Zuvor wurde die Messe jahrelang in einem Schuppen der nahe gelegenen Militärkaserne gelesen. "Die Backsteinfassade mit dem ungewöhnlichen Ziegelmuster symbolisiert die Moderne, erinnert an das Gebäude des Hauptbahnhofs und damit an die Eisenbahntradition der Viertelbewohner, während der Glockenturm an den Markusdom in Venedig erinnert. Damit wollte Franzoi auf die Herkunft der Mehrzahl seiner Schäfchen aufmerksam machen: Sie kamen ursprünglich aus dem Veneto.“ Pfarrkirche St. Josef, Dolomitenstraße 9, Bozner Boden