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Die Fahrrad-Geschichte erfahrbar machen, Vintage mit Eleganz und Lebensfreude verbinden und gleichzeitig die Fahrradstadt Bozen zum Rad-Mekka machen, das will das Wochenende vom 29. April-1. Mai 2022. Mit der Vintage-Cycling Veranstaltung VeloFlora als Höhepunkt während des traditionellen Blumenmarkts: dem farbenfrohen Frühlingsspektakel am Waltherplatz mit seiner über 100-jährigen Geschichte. Wir haben einen der Organisatoren zum Gespräch eingeladen, den passionierten Vintage-Fahrradsammler Hugo Götsch.

Wie passen Blumen und Fahrräder zusammen?
1886 wurde der erste „Blumenkorso“ im Wiener Prater ausgetragen, organisiert von der Habsburger Fürstin und modebewussten Salonnière Pauline von Metternich. Daraufhin blieb der „Korso“ bis zum Ersten Weltkrieg fester Bestandteil des Wiener Frühlingsfests, mit blumenbestückten Kutschen, mit Fahrrädern, die Pedale und Drehkurbeln am Vorderrad aufwiesen, mit den imposanten, aber gefährlichen Hochrädern, und erst später mit den ersten „Safety Bikes“, deren Ketten-Kraftübertragung kleinere Raddimensionen erlaubte. Die Tradition, Fahrräder in Kombination mit Blumen-Dekos zu präsentieren, ist demnach alt und passt hervorragend zum Bozner Blumenmarkt, den die fotogene Parade von Radler*innen in mit Blumen gemustertem Gewand passieren wird. Grundsätzlich pflegt man in Europa zwei Arten von Vintage-Radkultur: In der Toskana gibt’s mit der Eroica Ride seit 1997 das größte Vintage-Radrennen der Welt auf historischen Rennrädern, in Großbritannien feiert man hingegen ausgehend von London seit 2009 den Tweed Ride als Symbol der gepflegten britischen Lebensart. Stil und Nostalgie spielen hier eben eine große Rolle, wie bei der VeloFlora.

Aber was bewegt Menschen in Bozen aufs Fahrrad während der VeloFlora?
Die Szene der Fahrradfreunde wächst in ganz Europa. Die Beweggründe unserer 70 Teilnehmenden mit ihren Fahrrad-Oldtimern sind vielfältig: die Liebe für das praktischste und umweltfreundlichste technische Fortbewegungsmittel, das Interesse für dessen kultige Entwicklungen, die Freude an der Schönheit. Die 14 Kilometer-Spazierfahrt auf dem Vintage-Alltagsrad (Baujahr vor 1980!) im Outfit der 1930er Jahre wird ein Spaß für die Teilnehmer*innen und eine Augenweide für alle Zuschauer*innen. Anmeldeschluss ist der 28. Mai zu Mittag über das Verkehrsamt der Stadt Bozen. Laden Sie das Anmeldeformular hier herunter. Detailinfos gibt’s auf der Webseite von kyklos (www.kyklos.bz; info@kyklos.bz).

VeloFlora ist der Höhepunkt eines Rad-Wochenendes in Bozen. Womit wartet ihr sonst auf?
Wir beginnen am Freitagabend mit einer Kulturveranstaltung im Bozner Merkantilgebäude zur Geschichte der weiblichen Fahrradkultur (in italienischer Sprache, 18 Uhr), stellen zwei Neuerscheinungen vor und diskutieren mit den Autorinnen. Am Samstag, 30. April haben wir eine Rad-Landpartie geplant, eine Rad-Wanderung gewissermaßen, mit Wein- und Spezialitätenverkostungen in der Umgebung. Und am Sonntag, 1. Mai das große Fest mit der VeloFlora.

Und wie kommt ein Hugo Götsch auf seine beachtliche Fahrradsammlung?
Ich habe meine Kindheit im Pustertal verbracht. Dort und damals war das Fahrrad als Fortbewegungsmittel eine Selbstverständlichkeit, bei jeder Witterung und auch auf Schnee. In meinen Universitätsjahren habe ich die Lust an Langstrecken-Fahrten und Rad-Urlauben entdeckt und war auch als Radreiseführer tätig. Seit den 1990er Jahren habe ich mit dem Sammeln begonnen, repariere und restauriere in meiner Freizeit auch selbst. In der Zwischenzeit sind die historischen Räder in meinem Depot zu einer beachtlichen Sammlung angewachsen: rund 150, die ältesten aus dem Jahr 1865, Zweiräder mit Tretkurbel am Vorderrad (Michauxlinie), aber auch Hochräder, Räder der Jahrhundertwende, aus ganz Europa und den USA.

Die Organisation von VeloFlora übernimmt Kyklos. Wer ist das?
Seit gut zwei Jahren ist die GmbH kyklos eine Plattform, mit der wir die epochale Wende in der Mobilität einleiten und begleiten wollen, vorwiegend im urbanen Geflecht – eine Wende weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu einer umweltfreundlichen und gesunden Lebensweise, mit dem Fahrrad, zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln. In Italien müssen Städte ab 50.000 Bewohner*innen und Betriebe ab 100 Mitarbeiter*innen nun auch per Gesetz dringend handeln. Wir erarbeiten Konzepte und Projekte für diese Neuausrichtung.

Kein Zufall, dass Bozen als Austragungsort von VeloFlora erkoren wurde: Jede Bozner Sehenswürdigkeit ist mit dem Drahtesel erreichbar, das ausgedehnte Fahrradwegenetz (über 50 km) verbindet alle strategischen Orte in der Stadt auch mit dem Stadtrand, und das tut sie mit einem ausgefinkelten Beschilderungssystem. Außerdem wartet Bozen auf mit einem günstigen Fahrradverleih (von Ostern bis Oktober von Mo bis Sa täglich 7.30-20 Uhr) und hat in den letzten Jahren Pumpstationen für gratis-Luft in Fahrradreifen an gewissen Knotenpunkten errichtet. Im Erreichen der Nachhaltigkeitsziele in der urbanen Mobilität schafft es die Südtiroler Landeshauptstadt auf einen Jahresdurchschnitt von fast 30% Radmobilität (Modal Split); sie gehört damit zu den Klassenbesten unter den italienischen Städten. Mit acht Hauptradwegen und vielen Nebenrouten gilt Bozen auch im europäischen Vergleich als „bike friendly“.

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