Zeitlose Spiele

Zeitlose Spiele
Obwohl es in Bozen an Grünflächen und Spielplätzen nicht mangelt, ist das Leben der Kinder in der Stadt heute sicherlich weniger begrenzt als noch vor einigen Jahrzehnten. Zeit und Platz für Kinder in der Stadt sind heute definitiv nicht mehr dieselben, wie man auch den Erzählungen von Erwachsenen entnehmen kann – sie ähneln sich, unabhängig vom Stadtviertel oder der Herkunftsfamilie. Die Geschichte ist für alle gleich: Nach dem Mittagessen – sobald die Hausaufgaben erledigt waren – ging man in den Hof und blieb dort oft bis zum Abendessen.
Karl, heute 70 Jahre alt, erzählt uns von seiner Kindheit:
„Unsere Spiele waren sehr einfach, es reichte, draußen mit Freunden zu sein. Wir rannten, spielten Räuber und Gendarm oder Verstecken, Fußball, Völkerball, das Spiel ‚Schöne Statuen‘ (heute vielleicht noch bekannt als ‚Eins, zwei, drei … Stern!‘) oder fuhren mit dem Fahrrad im Hof herum. Ich erinnere mich an ein Spiel mit Flaschendeckeln: Der kleine Gummiring im Deckel wurde entfernt, dann schnitt man Bilder von Fußballern oder Radfahrern aus und legte sie in den Deckel, der dann möglichst weit geworfen wurde“
Eine Variante waren richtige Etappenrennen wie die „Giro d’Italia“: Start und Ziel wurden festgelegt, und der Deckel mit dem Bild eines Radfahrers, der nach mehreren Würfen als erster das Ziel erreichte, war der Sieger!
Ein weiteres, sehr verbreitetes Spiel während und nach dem Krieg hieß im venezianischen Dialekt ‘S-cianco’. Man musste sich einen runden, etwa einen halben Meter langen Stock besorgen, meist waren es alte Besenstiele. Dann suchte man sich ein kurzes Holzstäbchen mit spitzen Enden, legte es auf den Boden und schlug mit dem langen Stock auf eine der Spitzen. Das Stäbchen sprang hoch und musste erneut getroffen und möglichst weit weggeschlagen werden.“
Ein weiterer Bub, heute 73 Jahre alt, aus Völs am Schlern, erinnert sich an das „Tempelhüpfen“, bei dem auf einem Fuß von einem Quadrat zum nächsten gehüpft werden musste, ohne die Linien von Quadraten am Boden zu berühren oder beide Füße zu verwenden.
Beim Murmelspiel hingegen wurde eine Sandbahn gebaut und die runden, kleinen Kugeln, die Murmelen, mussten sie so durchlaufen, dass sie schließlich in ein Loch fielen.
Andere, leider weitgehend vergessene Spiele sind das Stille Telefon oder Flüsterspiel und das Gummiband-Hüpfen.
Für das Stille Telefon stellten sich mehrere Kinder in einer Reihe auf. Dem ersten wurde ein schweres, manchmal auch erfundenes Wort ins Ohr geflüstert, das dann reihum weitergegeben wurde. Am Ende war das Ergebnis meist urkomisch.
Für das Gummiband-Hüpfen wurden ca. 2 bis 3 Meter lange Gummibänder an den Enden verknotet. Zwei Mädchen spannten es mit den Beinen, während ein weiteres in die Mitte sprang, das Band mit den Beinen drehte und verknotete – und so kunstvolle Figuren bildete.
Bild: Courtesy Thomas Rötting